Tür an Tür - Winter 2020
11 GWG NACHHALTIG Die Reittherapie der Sozialtherapeutischen Kinder- und Jugendarbeit e.V. (SKJ). Melina spricht ihre Ängste mutig an. Das Angebot für eine Reit- therapie beimWuppertaler Verein Sozialtherapeutische Kinder- und Jugendarbeit (SKJ) bekam sie in ihrer Wohngruppe. „Die GWG unterstützt soziale Einrichtungen aus Wuppertal und ihre Projekte; in diesem Fall finanziell. Wir wollen unseren Teil dazu beitragen, dass dieses wertvolle Angebot für Jugendliche erhalten bleiben kann – angesichts von Corona ist das wichtiger denn je“, sagt GWG-Stabsstellenleiterin Nenja Lindner. MIT MUT IN DEN SATTEL. Mit Pferden hatte Melina schon in ihrer Kindheit Kontakt, aber da sind die Hürden, die Ängste. Ein Sturz hatte die ohnehin beste- hende Furcht befeuert, über lange Zeit traute sie sich nicht wie- der auf einen Pferderücken. Nun hat sie in der Therapie gelernt, dass die Überwindung der Angst und nicht das Ausweichen zum Ziel führt – beim Reiten wie überhaupt im Leben. Der Therapeutin Christiane Karst und ihrem Kollegen Patrick Rempe verdankt sie es, Schritt für Schritt Mut entwickelt zu haben. „Inzwischen freue ich mich auf die Reitstunden hier. Früher war das nicht so.“ Kleine Hürden nehmen und erfahren, dass das Reiten Gutes bewirkt, dass Ängste verschwinden – das ist der große Gewinn. „Wenn ich heute mal falle, setze ich mich immer wieder aufs Pferd, auch wenn ich Schmerzen habe.“ Melina hegt inzwischen sogar den Wunsch, eines Tages eine richtig gute Reiterin zu werden. Und heute steht eine Aufgabe an, die jedem Ungeübten Res- pekt einflößen würde: Reiten ohne Sattel mit dem Ziel, engeren Kontakt zum Körper des Tieres zu gewinnen. „Die Jugendlichen spüren so viel deutlicher, dass sie getragen und gestützt werden. So eine Erfahrung haben sie in ihrem bisherigen Leben oft noch gar nicht gemacht“, sagt Christiane Karst. Ben, der stattliche schwarze Hengst, ist mit dem sattellosen Ritt längst vertraut und trägt Cheyenne geduldig durch die Reithalle auf dem Hof. Gilbert dagegen tut sich mit Melina sichtlich schwerer. „Er ist im Kopf noch ein Kleinkind“, merkt Patrick Rempe dazu an. AUCH DIE VIERBEINER BRAUCHEN PAUSEN. Es sind nämlich keineswegs nur die Jugendlichen, die zu lernen haben. Vielmehr brauchen auch die Pferde ihre langjährige Aus- bildung. Auch spüren sie die Verfassung der Reiter bis hin zu depressiven Verstimmungen. „Nach so einer schweren Aufgabe müssen wir sie auch mal richtig auf Trab bringen, damit sie wieder zu sich finden.“ Zum Glück für alle gibt es die gesellige Hündin Aliti, die immer weiß, wie sich selbst dickes Eis brechen lässt. Cheyenne kommt da heute alleine klar. Mit einer Miene zwischen Anspannung, Restangst und Freude steigt sie vom Pferd. Der sattellose Ritt ist gelungen. Erde reimt sich auf? Klar doch, Pferde. Den Augen von Melina, Cheyenne und Clara ist aber zu entnehmen, dass es bessere Gründe als einen Reim gibt, um das Glück auf dem Rücken dieser Tiere zu suchen. Mit anderen Jugendlichen leben die drei in einer betreuten Wohngruppe, in der die Bewältigung von Traumata und der Kampf mit Depressionen viel eher Thema sind als Zukunftsperspektiven oder die Unternehmungen amWochenende.Was pure Freude für diejenigen wäre, die nicht betroffen sind, ist für die drei 17-Jährigen mit großen Ängsten besetzt – auch das erhoffte Glück auf dem Rücken der Pferde. Fotos:Uwe Schinkel und Lucas Aal Hürden überwinden und Gutes erleben.
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