Tür an Tür - Sommer 2023

21 20 Hannelore Sippli nimmt am Smartphonekurs teil. Titelstory „Ist ja ganz einfach.“ Keine 30 Jahre sind vergangen, seit man von Digital Natives spricht. Man erkennt die Spezies leicht daran, dass sie sich weltverloren über ihr Smartphone beugt und aus dieser gekrümmten Haltung heraus kleine und große Dinge des Alltags erledigt. Digital Immigrants sind eine Spur älter; sie haben sich im Laufe des Lebens ins Digitale eingearbeitet – anders als die noch älteren Outsider, die wie Ochs vorm Berg stehen. So wie Edith Becker, die aber mit ihren 89 Jahren immer noch willens ist, den Kampf mit dem Handy aufzunehmen, um dann bei jeder neuen Lektion beglückt festzustellen: „Ist ja ganz einfach.“ Ziel der Hersteller ist schließlich auch die leichte, intuitive Bedienbarkeit ihrer Produkte, nur hilft das nicht gegen altersbedingte Hör- und Sehschwächen oder die Sorge, etwas falsch zu machen. Dass Tücken lauern, weiß jeder, der schon mal durch einen versehentlichen Klick einen Vertrag abgeschlossen oder eine Funktion außer Kraft gesetzt hat. Im gwg-Nachbarschaftstreff am Domagkweg 44 kommt jeweils donnerstags eine kleine Gruppe Unerschrockener aus dem Stadtteil Uellendahl zusammen, um unter Anleitung von Tanja Heil den Umgang mit Smartphones zu erlernen. Das beginnt bei den Basics: Frau XY ruft an, was muss ich tun? Oder: Wie bestelle ich mir ein Taxi? Die Rufnummer der Taxizentrale kann man einspeichern, erklärt Tanja Heil. Und wo? Die Gruppe ist sich einig: „Beim Männeken.“ Gemeint ist das Symbol für die Kontakte. Tanja Heil ist Projektleiterin Digitalisierung bei der Dr. Heinrich Feuchter-Stiftung, die in Kooperation mit der gwg am Landesprojekt „Miteinander digital“ teilnimmt. Maximal vier Leute sitzen im Kurs, bei jüngeren Semestern mit mehr Erfahrung dürfen es bis zu acht sein. Die Erfahrung zeigt, dass Frauen das Angebot eher wahrnehmen als Männer. Mitunter geschieht Unerwartetes. „Da hat sich jemand aus Afrika gemeldet“, erzählt Mona Kimpel (74). „I want to marry you“, habe er geschrieben. Völlig zwanglos gelangt die Gruppe darüber ins Gespräch über Tomatenzucht auf dem heimischen Balkon. Doch zurück zum Thema: Wie entlockt man dem Handy eine Wegbeschreibung? Edelgard Nitsch (83), die ihr Smartphone eigens angeschafft hat, weil es nun den Kurs gibt, staunt begeistert über die endlosen Weiten von Google Maps: „Bei mir ist Stau.“ Teilhabe an digitalen Welten. „Miteinander digital“ ist ein Projekt des Landes NRW, bei dem zunächst für die Dauer von drei Jahren Gelder zur Verfügung stehen. Die Kurse am Domagkweg 44 sind auf jeweils sechs Wochen begrenzt; ein Anschluss- kurs für Fortgeschrittene ist möglich. Die gwg stellt Räumlichkeiten und WLAN zur Verfügung; ihr Interesse besteht u. a. darin, dass auch Senior:innen in vollem Umfang von der hauseigenen App Mein Zuhause – mein Service profitieren können. Weitere Kurse in anderen gwg-Quartieren folgen. Tanja Heil, Projektleiterin Digitalisierung bei der Dr. Heinrich Feuchter-Stiftung. Fotos: Uwe Schinkel

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