Tür an Tür - Sommer 2020
NACHBARSCHAFTSTREFF DOMAGKWEG UNSERE MIETER 27 VON NACHBARN FÜR NACHBARN So etwas könnte letztlich jede Siedlung vertragen, weil die inzwischen allzu geläufige Anonymität auch das Potenzial zur Feindseligkeit birgt und damit die Hintertür zum unbehag- lichenWohnen öffnet. Aber ein solcher Treff benötigt Initiative und Durchhaltevermögen. Olivers Ehefrau SilviaWichelhaus ist letztlich diejenige, die Ende 2019 das Signal gab – nicht einmal uneigennützig: „Ich will auf die Zeit als Rentnerin vor- bereitet und dann nicht ohne Aufgabe sein.“ Momentan ist es noch so, dass sie sich sputen muss, um zu den derzeit zwei Terminen dienstags und donnerstags pünktlich um 16 Uhr vor Ort zu erscheinen und die Pforten zu öffnen. Sicherheitshalber hat dann Ehemann Oliver schon die Vorbereitungen getroffen. Aber den Kuchen, den Silvia heute mitbringt, hat sie selbst gebacken. DIE FESTWIESE WIRDWIEDERBELEBT Das Ehepaar lebt schon seit Jahrzehnten in der GWG-Siedlung am Domagkweg, unmittelbar am Mirker Hain. Vor der Tür gab es das, was Oliver Wichelhaus „die Festwiese“ nennt, eine Freifläche, auf der sich die Nachbarn zu Feierlichkeiten trafen. Dergleichen schläft ein, doch soll es nun auch für den Außen- bereich an der Rückseite von Hausnummer 44 eineWiederbe- lebung geben. „Die Domagkweger und Domagkwegerinnen“, sagt Wichelhaus in aller politischen Korrektheit, „sollen da wieder ihre Feste feiern können.“ Sitzgelegenheiten sind längst besorgt, damit zu den Treffs in der warmen Jahreszeit auch eine Außengastronomie mit Selbstbedienung stattfinden kann. Derzeit ist das noch Zukunftsmusik, denn das Nachbarschafts- treffen läuft gerade erst an. „Ich werde mal den Lockvogel anmachen“, sagt Oliver Wichelhaus und meint die grüne Be- leuchtung am Eingang, die ein „Geöffnet“ anzeigt. Dann dauert es auch tatsächlich nicht lange, bis sich die ersten Gäste ein- finden. Knapp 70 m 2 stehen im Innenbereich zur Verfügung, wo ehemals Rot-Kreuz-Schwestern in ständiger Bereitschaft einen Pflegedienst anboten. „Das hat sich wirtschaftlich aber nicht getragen“, sagt GWG-Sozialarbeiter Matthias Keller. Nun also sehen die Räume einer neuen Zukunft entgegen. „Es muss sich nur noch richtig herumsprechen.“ Das EhepaarWichelhaus setzt auf Zusammenhalt in der Nachbarschaft – ein Gewinn für alle Beteiligten. Dienstag, früher Nachmittag, Ruhe vor dem Sturm. Eine Ruhe sogar, von der man annehmen würde, dass nichts sie aus der Reserve locken könnte. Oliver Wichelhaus sieht das sehr gelassen. „Die kommen schon noch, keine Sorge.“ Für „die“ bereitet er gerade Kaffee und türkischen Tee vor. Sonstige Vorräte vom Kernbeißer bis zum Schokoriegel lagern in der Küchenzeile, alles zu Preisen, von denen die einen nicht reich und die anderen nicht arm werden. Kneipenbetrieb ist auch nicht das Anliegen hier am Domagkweg 44. Der Treff dient vielmehr dem nachbarschaftlichen Austausch. Fot0:Uwe Schinkel
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