Tür an Tür - Sommer 2021
GWG NACHHALTIG 25 Madlen Köhler leitet die Demenz-Wohngemeinschaften. Auf diese Schlagzeile im Februar hätte Frank Todt bestens ver- zichten können: WHO-Experten sehen Fledermaus als Virus- Ursache. „Jetzt können wir mit unserer Aufklärungsarbeit ganz von vorne beginnen“, sagt der Biologe und blickt hinauf zu den Obergeschossen des GWG-Hauses Agnes-Miegel-Straße 21. Dort oben hängen große Kästen aus Holzbeton, je 28 Kilo schwer und mit kräftigen Gewindestangen im Mauerwerk verankert. Die Schlitze an der Unterseite sind Einfluglöcher, die in ihrer Anordnung nicht für konkurrierende Vögel geeignet sind und in der Größe ausreichen, um auch trächtige Fledermausweibchen einzulassen. GEZIELTER ARTENSCHUTZ. Fledermauskästen an einer Hausfassade? Dass die Tiere in Schlupflöchern nisten, die ihnen die Architektur des Menschen bietet, ist hinreichend bekannt und hat ja auch schon mehrfach für Aufsehen gesorgt. Nämlich dann, wenn geplante Bau- und Renovierungsarbeiten in Konflikt mit dem Artenschutz geraten. Bestes Beispiel in Wuppertal ist der Tunnel Schee an der Nord- bahntrasse. Auch an Wohnhäusern haben Fledermäuse ihre typischen Aufenthaltsorte: das Dach im Sommer, der Keller im Winter. Da ahnt man schon, dass es bei erforderlichen Sanierun- gen schnell zu Problemen kommen kann. „Deshalb haben wir diese Ganzjahresquartiere aufgehängt“, sagt Todt. „Da weiß man eben genau, wo die Tiere sich aufhalten. Und wir tun etwas für ihren Erhalt.“ 220 Euro kostet so eine Fledermausbehausung, hinzu kommt die Montage. Bei den derzeit 16 Kästen an vier Hochhäusern der Siedlung ist das schon ein größerer Betrag. „Aber ein Bau- stopp wegen Artenschutz wäre erheblich teurer.“ Nachdem laut Todt seit der Planung vor zwei Jahren gute Erfahrungen gemacht wurden, denkt die GWG jetzt daran, weitere ihrer Im- mobilien mit solchen Kästen auszustatten – denn Natur- und Umweltschutz ist ihr ein echtes Anliegen. In der Agnes-Miegel- Straße hängen sie an fensterlosen Wangen des Gebäudes, wo Tier und Mensch einander nicht stören. Ein barrierefreier Ein- flug ist wichtig. Doch auch bei besten Bedingungen dauert es eine Weile, bis Fledermäuse das Quartier annehmen. „Das ist anders als bei Meisen, auf deren Einzug in einen Nistkasten man nie lange warten muss.“ FLEDERMÄUSE SIND SOZIALE WESEN. Gegen Ende des Sommers will Todt mal nachschauen, ob sich die Flugkünstler schon eingelebt haben. 40 Fledermäuse pro Häus- chen können es sehr wohl werden. „Das sind soziale Wesen, die kuscheln sich eng aneinander.“ Je nach Außentemperatur wechseln sie von der Nord- zur Südseite, deshalb gibt es pro Hochhausfassade je zwei solcher Kästen. Bleibt zu hoffen, dass sich die menschlichen Bewohner dauerhaft mit solchen Aktivi- täten arrangieren können. Eigentlich sollte es da keine Probleme geben, zumal Fledermäuse als Insektenfresser einen wertvollen Dienst leisten. Aber der Mensch hat Jahrhunderte seine Vorbe- halte und seinen Aberglauben gepflegt, was sich teils aus schierer Unkenntnis erklärt. So wusste man einst überhaupt nichts über das erstaunliche Orientierungssystem von Fledermäusen. „Was in Büchern steht, die zehn Jahre alt sind, stimmt schon längst nicht mehr“, sagt Todt fasziniert über das rasch wachsende Wissen. Und dann fügt er noch einige erstaunliche Daten an: 48 Jahre alt wurde die älteste bekannte Fledermaus. 1450 Arten zählt man aktuell weltweit einschließlich der Flughunde, davon aber nur 14 inWuppertal. Die größte Spannweite eines Flughun- des beträgt etwa Mannshöhe. Foto: Uwe Schinkel Der Biologe Frank Todt betreut Fledermauskästen – unter anderem in der Agnes-Miegel-Straße. Ein Zuhause für Fledermäuse.
RkJQdWJsaXNoZXIy NjAxNTI=